Die verschiedenen Beurteilungsbögen (Tools) sind am besten geeignet, um gerade die Leute ggf. bzgl. der Thematik zu sensibilisieren, die sich noch nicht weiter auf dem Gebiet fortgebildet haben,
damit die Betroffenen dann an entsprechende Fachpersonen weiter verwiesen werden können.
Hier ist es nochmals wichtig zu betonen, dass hier der Weg nicht als erstes in Richtung Frenotomie gehen sollte, sondern gesamtheitliche Beurteilung, Auschluss von Differentialdiagnosen, ggf.
Einbeziehung weiterer Fachdisziplinen, myofunktionelle Vorbereitung etc. in einem individuellen Setting (auch abhängig von Problematik, Ziel der Betroffenen, …) stattfinden sollten, um Quickfix-
Trennungen möglichst zu vermeiden.
Der Titel des Frenotomy Decision Tools von Carole Dobriche ist in meinen Augen somit auch falsch gewählt, da es sich eher um ein Hilfstool zur möglichen Beteiligung eines Zungenbands am
Gesamtkomplex handelt und um eine grundsätzliche Aussage bzgl. einer ggf. vorhandenen Sinnhaftigkeit einer Trennung. Es kann aber weder daraus eine Aussage über den richtigen Zeitpunkt der
Trennung getroffen werden noch sind darin irgendwelche Differentialdiagnosen oder die Erfolge, die bereits mit „Basisberatung“ in Form von Stillberatung bzw. Logopädie erzielt werden können,
berücksichtigt. Und eine einmalige Beobachtung einer Stillmahlzeit (insbesondere ohne entsprechende Kenntnisse über physiologisches/ kompensationsfreies Stillverhalten) ohne ausführliche Anamnese
und ggf. auch eingeleitete stillberaterische Maßnahmen ist leider auch nicht ausreichend.
Ähnlich verhält es sich mit anderen Tools, wie dem Hazelbaker, dem TABBY, dem Martinelli Score, dem Hinweisbogen von Effath Jasmin etc. Der Fokus hier liegt alleine auf dem Zungenband (ggf auch
dem Lippenband), aber wie wir wissen, ist es oftmals viel mehr.
Sicherlich ergeben sich aus den verschiedenen Tools, gerade auch die sinnvolle Kombination einzelner Elemente, mit entsprechend fundiertem Wissen in der Thematik hilfreiche Hinweise, aber
als alleiniges Entscheidungswerkzeug ohne fundierte Basisberatung bzw. Einbettung der Frenotomie in einen Behandlungsprozess sollten sie nicht herangezogen werden. Die Gefahr, dass
Zungenbänder und andere orale Restriktionen sonst einfach auf dieser Basis getrennt werden, oft verbunden mit großer Hoffnung auf schnelle Besserung aller Probleme seitens der Betroffenen und
ohne entsprechendes Ergebnis, ist einfach groß.