Viele betroffenen Familien haben bereits einen langen Leidensweg mit Stillproblemen, Beikost- , Schlafproblemen oder langjähriger, nicht erfolgreicher Logopädie hinter sich. Erst anschließend sind sie an eine Fachperson geraten, die die Rolle es Zungenbändchens und/oder der Lippen- und ggf auch Wangenbänder im Rahmen der Gesamtsymptomatik realistisch einschätzen kann.
Das Wissen um die einschränkende Rolle zu kurzer Zungenbänder und anderer oraler Restriktionen bei der natürlichen Nahrungsaufnahme von Säuglingen (Stillen) ist in Deutschland in den letzten Jahrzehnten nahezu komplett verloren gegangen.
In vielen Ländern, in denen eine andere Stillkultur herrscht, sind kurze Zungenbändchen, auch wegen des Stillens, viel deutlicher im Fokus. Mittlerweile gibt es gerade im englischsprachigen Raum sowie in Brasilien vermehrt Fachleute, deren Forschungs- und Behandlungsergebnissen es zu verdanken ist, dass dieses Thema offensiver und ganzheitlicher angegangen wird.
Da Babys mit kurzem Zungenbändchen Probleme beim Stillen bereits oft schnell nach der Geburt zeigen, diese aber wiederum dann gar nicht mit einem kurzen Zungenband in Verbindung gebracht werden oder dieses überhaupt nicht erkannt wird, verzögert sich häufig eine adäquate Behandlung.
In den letzten zwei Jahren ist Bewegung in die deutsche „Behandlungswelt“ gekommen. Denn dank der Tatsache, dass vereinzelt gerade Stillberaterinnen, oft aus eigener Betroffenheit, viel Wissen aus dem Ausland geschöpft haben, ist es somit zu einer deutlichen Wissenserweiterung bezüglich der Thematik der zu kurzen Zungenbändchen und anderer oraler Restriktionen innerhalb Deutschland gekommen. Sowohl was die Thematik der zu kurzen Zungenbändchen bei Babys betrifft, als auch bei (Klein-) Kindern und Erwachsenen.
Zu kurze Zungenbändchen sind keine Modeerscheinung, wie Kritiker z.T. vorwerfen. Behandlung zu kurzer Zungenbänder ist in Jahrhunderte alten Medizinbüchern und sogar in der Bibel bereits beschrieben. Sie werden jetzt jedoch gefühlt häufiger diagnostiziert aufgrund der Tatsache, dass wieder häufiger der Wunsch nach problemlosen Stillen der Kinder aufkeimt.
Zudem wird vermutet, dass orale Restriktionen vererbt werden können. Des weiteren gibt es Theorien (u.a. MTHFR- Genmutation bzw. Folsäureinnahme in der Schwangerschaft) für ein ggf. häufigeres Auftreten dieser Erscheinungen.
Trotzdem bleibt es wichtig zu betonen, dass eine fundierte Basisberatung die Grundlage des Ganzen ist. Denn nur so lässt sich einschätzen, ob wirklich eine orale Restriktion vorliegt und welche Rolle sie im Gesamtproblemkomplex spielt.
Bei Problemen beim Stillen und Fläschengeben bzw. im Säuglingsalter sind fortgebildete Stillberaterinnen bei zu kurzen Zungenbändchen die ersten Ansprechpartner.
Bei (Klein-) Kindern und Erwachsenen erfolgt die erste Beratung und Therapie durch Logopäden.